KI in Arbeit, Bildung und Beruf! Was können wir tun? Mit dieser zentralen Frage beschäftigte sich im Kunstverein Familie Montez eine hochkarätige Podiumsrunde im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung, die von den SPD Ortsvereinen Nordend, Bornheim, Mitte-Nord und Ostend sowie dem Unterbezirk Frankfurt und seines Arbeitskreises Wirtschaft organisiert wurde.
Moderatorin und Grimme Online Preisträgerin Michaela Böhm machte schon zu Beginn deutlich, dass KI in den Bereichen Arbeit, Bildung und Beruf nicht mehr wegzudenken ist. Welche Auswirkungen hat dies auf die jeweiligen Akteure, welche Folgen ergeben sich für die Wirtschaft? Wo liegen die Chancen und wo liegen die Risiken, fragte sie das kompetent besetzte Podium. Sie ergänzte, dass nur ein Viertel der Nutzer von KI, Chat GPT etc. auch die Ergebnisse prüfen würden.
Zentrale Thesen und Impulse
Detlef Gerst von der IG Metall und Experte für Digitalisierung erläuterte zum Einstieg in die Veranstaltung kurz die Technik, die der KI zugrunde liegt und die mittlerweile zu einer Revolution in der KI beigetragen hat. Insbesondere sind hier – durch die Schaffung sog. neuronalen Netze – das Verstehen von Sprache und die Fähigkeit der KI, eigene Schlussfolgerungen zu ziehen, hervorzuheben. 75 % der Betreibe werden zukünftig KI nutzen. Dabei reicht der Einsatz von der Prozesssteuerung bis zur Mitarbeiterüberwachung. Entscheidend sei die Ausgestaltung des „Teams“ Mensch und Technik. Zwar seien Sorgen um den Verlust von Arbeitsplätzen nachvollziehbar, doch eine befürchtete Massenarbeitslosigkeit sei bisher nicht eingetreten. Vielmehr würden sich Qualifikationsanforderungen verändern und steigen.
Prof. Dr. Christian Kellermann von der University of Labour und dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) mahnte zur Vorsicht. Zwar biete KI große Chancen, doch gehe sie häufig mit Rationalisierungsdruck und Gewinner-Verlierer-Dynamiken einher. Er betonte die Bedeutung kritischen Denkens, einer fundierten Qualifizierung sowie einem umfassenden Bildungsauftrag als zentralen Hebel, der nicht nur reine Wissensvermittlung, sondern einen reflektierten Umgang mit KI ins Zentrum stellt.
Dr. Arijana Neumann, Fachbereichsleiterin Arbeit und Beruf in der VHS Frankfurt stellte die breit gefächerten Bildungsangebote zum Thema KI vor – von niederschwelligen Einstiegsangeboten bis zu beruflicher Weiterbildung. Ihr zentrales Anliegen ist, den reflektierten Umgang mit KI zu fördern und technische wie ethische Aspekte gleichermaßen zu vermitteln.
Brigitte Schwab, Abteilungsleiterin Berufsbildung in der Klingerschule Frankfurt, berichtete über den Einsatz von KI im Berufsschulalltag. Die Nutzung von KI erfolgt durch die Auszubildenden punktuell und typabhängig. Eine Nutzung erfolgt auch teilweise im Unterricht (z.B. Feedback-Systeme). Da aktuell jede Schule noch auf sich allein gestellt ist, fordert sie eine entsprechende umfassende Strategie für die Nutzung von KI sowie einheitliche Rahmenbedingungen.
Frank Gerdes, Experte Berufsbildung bei der IG Metall verwies auf die besondere Bedeutung der betrieblichen Ausbildung. Die Nutzung von KI sei stark davon abhängig, ob Betriebe ihre Auszubildenden mit diesen Technologien vertraut machen. Er forderte klare Qualifizierungsstandards für Ausbilder und betonte die Rolle des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) bei der Entwicklung entsprechender Strategien.
Armand Zorn, Mitglied des Bundestages und stellv. Vorsitzender der SPD-Fraktion sieht es in erster Linie als eine gesellschaftspolitische Aufgabe und Notwendigkeit an, zu klären, wie wir mit KI umgehen. Dazu gehört auch, klare Grenzen der KI – Anwendung zu definieren und gesetzlich durchzusetzen. Einer kapitalistisch getrieben Digitalisierung – insbesondere im Wirtschaftsbereich – ist entschlossen entgegen zu treten. Eine wertegeleitete Debatte sei nötig, auch wenn der politische Entscheidungsprozess in Deutschland und der EU mehr Zeit benötige.
Beteiligung des Publikums
Im Anschluss diskutierten die Besucher:Innen in Kleingruppen zentrale Fragestellungen, die anschließend in die Podiumsdiskussion zurückgespiegelt wurden. Fragen, Themen und Forderungen waren unter anderem:
- Rationalisierungseffekte – wie verteilen wir die „Rationalisierungs-Dividende“?
- Gesellschaftliche Werte müssen bestehen bleiben
- Schulung von Beschäftigten, die mit KI zu tun haben
- Ist für das kritische Hinterfragen ein Grundwissen erforderlich?
- Produktivität steigern mit KI – was passiert wenn wir die KI „verschlafen“?
- Schutzraum für Leute, die nichts mit KI zu tun haben wollen – Gibt es einen Anspruch auf „Nicht-KI“?
- Was passiert mit der freiwerdenden Zeit?
- Grundlagenwissen beim Umgang mit KI – Plausibilitätswissen?
- Ist KI eine Veränderung oder nur ein Hype?
- Wie gelingt kritisches Hinterfragen?
- Was können die Gewerkschaften im Bereich Ausbildung tun?
Fazit
Es gab einen großen Konsens zwischen den Teilnehmenden der Veranstaltung: KI bietet große Potenziale in Arbeit, Bildung und Beruf, bringt jedoch ebenso ernstzunehmende Risiken mit sich. Um Letztere zu minimieren, sind technisches Wissen, kontinuierliche Qualifizierung und insbesondere kritisches Denken essenziell. Es braucht darüber hinaus eine gesellschaftlich breit getragene Debatte über den Umgang mit KI, die auf klaren Werten basiert. Gesetzliche Regelungen und unterstützende Strukturen müssen folgen – für einen verantwortungsvollen und menschengerechten Einsatz von KI.
Peter Bednarek, Arno Roth (Redaktion)