Nachlese zur Jahreshauptversammlung

Am 4. Mai 2024 fand unsere Jahreshauptversammlung im Saalbau Bornheim statt. Als Versammmlungsleiter stand uns unser ehemaliger Vorsitzender Jürgen Gasper zur Verfügung. Bei den Wahlen zum neuen Vorstand kam es zu folgenden Ergebnissen:

  • Canan Kesebir und Siegfried Balduin (Vorsitzende)
  • Robin Brünn (stellvertretender Vorsitzender)
  • Mario Müller (Kassierer)
  • Ortrud Seifert (stellvertretende Kassiererin)
  • Dieter Bahndorf (Schriftführer)
  • Jean-Daniel Fischer, Madlen Haupt, Alexander Hirsch, Gerold Hombach, Jens Meyer, Elsbeth Muche, Nils Nickel, Bodo Nitzling, Alejandro Olmos, Yannik Petri, Markus Rübsamen und Daniel Vargas (Beisitzerinnen / Beisitzer)
  • Hannelore Mees und Egidius Planz (Revisorin / Revisor)
  • Elsbeth Muche (Seniorenbeauftragte)
  • Canan Kesebir (Migrationsbeauftragte)
  • Markus Rübsamen (IT-Beauftragter)

Künstliche Intelligenz ? – Die Arbeit von morgen gestalten

Podiumsdiskussion im Massif Central am 24.05.2024

KI verändert die Arbeitswelt! Was können wir tun? Mit dieser zentralen Frage beschäftigte sich am Freitagabend (24.05.) im Massif Central eine hochkarätige Podiumsrunde im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung, die von den SPD Ortsvereinen Nordend, Bornheim und Ostend, dem AK Wirtschaft und dem Unterbezirk Frankfurt organisiert wurde.

Mit dieser Veranstaltung  wollte man auf die entscheidende Bedeutung der Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz (KI) auf die Arbeitswelt aufmerksam machen und mit den Besucher:innen Wege diskutieren, wie die Teilhabe der Menschen an dieser Entwicklung aussehen könnte und sollte.

Moderatorin und Grimme Online Preisträgerin Michaela Böhm machte zu Beginn das Publikum auf den Ist-Zustand aufmerksam: „KI geht nicht mehr weg“.. „Aber fallen ganze Teile des Arbeitslebens weg – oder arbeitet der Mensch mit der Technik?“ fragte sie das kompetent besetzte Podium.

Prof. Dr. Christian Kellermann vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) wies darauf hin, dass unsere einfachen Techniken im Beruf teilweise einfach zu ersetzen seien. Aber häufig überschätzten sich die Entwickler der Algorithmen. „Auch Algorithmen sind Fehler und störanfällig und haben die ganzen Probleme, wie jede andere Maschine auch“, sagte er. Er machte auf den Umstand aufmerksam, dass schon bei der Entwicklung der Robotisierung die Mittelklasse der Gesellschaft stark von Veränderungen und Veränderungen im Erwerbsleben betroffen worden sei. Durch KI seien jetzt auch im Dienstleistungssektor die Menschen mit einfacheren bis hin zu komplexeren Bürotätigkeiten betroffen. Er warnte deshalb vor zu viel Euphorie.

Karmela Holtgreve leitet den Zentralbereich Strategie und Innovation bei der Deutschen Bundesbank und ergänzte Kellermanns Aussagen: „Wir müssen verstehen, wie KI-Technologien Unternehmen eingesetzt werden. Wir müssen KI selbst verstehen und Anwendungserfahrungen damit sammeln“, bekräftigte Frau Holtgreve. „Wie gehen wir in finanzpolitische Entscheidungen? Wie verändert sich Markt?“, das sind ihrer Meinung nach die relevanten Fragen, wenn die Bundesbank ihrem Sorgeauftrag nachkommen solle. Auch ihr Arbeitsbereich erforsche deshalb die KI-Technologie. „Lernen wir am besten, indem wir die Technologien selbst anwenden“.

Andreas Fröhlich von der Software AG aus Darmstadt ist nicht nur euphorisch, was den Einsatz von KI angeht. Viele Ergebnisse von KI seien bisher “nur mittelmäßig”. KI könne komplexe Kontexte bisweilen nicht erkennen. Zwar produziere KI produziert funktionierende Codes für Programmierer, was beim “Brot und Buttergeschäft” helfe. Als Direktor für Informationssicherheit schlügen bei ihm jetzt aber vermehrt Probleme auf. Sprachnachrichten des CEOs seien aufgetaucht, “die absolut echt klingen” und mit denen die Finanzabteilung des Unternehmens aufgefordert werde, Überweisungen auf unbekannte Konten zu tätigen. Ein klarer Fall von Cyber-Betrug. “Den Unterschied dieser Fakes hätte niemand erkennen können”, sagt er warnend.

Armand Zorn, Mitglied des Bundestages und als solches Mitglied im Ausschuss für Digitales gibt anschließend eine politische Einschätzung ab: „Es liegt noch einiges an politischer Arbeit vor uns“. Er brachte in der Folge Beispiele in die Diskussion ein, wo KI zu begrenzen sei. Er führte Social Scoring Systeme wie in China an, die in der Europäischen Union nun zurecht verboten worden seien. Ferner forderte eine stärkere Mitbestimmung der Arbeitnehmerschaft beim Einsatz von KI in den Unternehmen. Wichtig sei insbesondere das Recht auf Erklärbarkeit. „KI ist unfassbar komplex geworden. In Teilen verstehe ich selbst ehrlich gesagt nicht, was das KI-System gerade für Arbeitsschritte gemacht hat“, äußerte der SPD-Politiker. Es brauche deshalb Transparenz darüber, „wo KI im Einsatz sei und was dabei mit welchen Daten gemacht werde“. „Die Menschheit dürfe sich nicht zu sehr auf Technologie verlassen. Wir müssen immer einen kritischen Abstand gegenüber Technologien haben“, warnte er.

Dietmar Kuttner aus dem Gesamtbetriebsrat der Siemens AG ergriff anschließend das Wort. Er setzt sich für Weiterbildung und Sicherstellung betrieblicher Mitbestimmung bei der Frage ein, wo und wie KI eingesetzt wird. Die Algorithmen könnten mannigfache Auswirkungen auf die Belegschaft haben. Es gelte darum, dass die Kolleginnen und Kollegen Klarheit bekommen. So würden bei der Siemens AG heute schon rund 380 budgetierte Chat-GPT Anwendungen laufen. „Es gibt in den Betriebsräten nur wenige Experten, die überhaupt diese Komplexen Themen bearbeiten können. Und 91 Prozent der Betriebe haben keinen Betriebsrat“.

Nach diesen Statements hatte die Besucher:innen der Veranstaltung die Möglichkeit, an ihren Tischen das Thema zu diskutieren und Leitfragen zu formulieren, die dann anschließend wieder in das Podium gespiegelt wurden. Von dieser Möglichkeit wurde reger Gebrauch gemacht und es wurde aus dem Publikum eine große Bandbreite von Themen angesprochen. Dadurch wurde die weitere Diskussion enorm bereichert.

Im Wesentlichen wurden folgende Fragen und Themen angesprochen:

  • Risiken und Chancen erkenn!
  • Haben wir als Gesellschaft verstanden, was in KI drin‘ steckt – und was könnte sich schnell ergeben, wenn die Gesellschaft gar nicht nachkommt?“
  • Große KI-Unternehmen würden „einfach machen und sich von der Politik gar nicht so viel reinreden lassen.
  • Müssen Arbeitnehmer selbst Risiken und Chancen erkennen?
  • Wer zeigt die Vor- und Nachteile für uns Arbeitnehmer auf?
  • Wie tief soll der Durchschnittsbürger KI durchdringen müssen?
  • Wer hat am Ende die Herrschaft über die Daten?
  • Ist nachhaltigeres Wirtschaften mit KI möglich, insbesondere mit Blick auf den erheblichen Energieverbrauch durch mehr KI-Anwendungen?
  • Auswirkungen der KI auf die Industrienationen?
  • Sind im Bereich der betrieblichen Mitbestimmung ausreichend Instrumente auf der Arbeitnehmerseite vorhanden?
  • Müssen wir KI gegen KI einsetzten, z.B. zum Erkennen von Fälschungen, fake news etc.
  • Was ist mit Menschen, die nach Einführung von KI aus dem „System“ fallen und auch nicht umgeschult werden können?
  • Die Politik muss verbindliche Rahmenbedingen festlegen und deren Durchsetzbarkeit sicherstellen!

Prof. Kellermann wies etwa auf eine neue Studie der Beratungsfirma McKinsey hin, nach der ein Viertel der Arbeitszeit eingespart werden könne. Arbeitszeit könne durch Technikeinsatz eingespart werden.

In der Bundesbank sind alle angewendeten Modelle nachvollziehbar, damit die MItarbeitenden in einzelne Vorgänge hineinblicken könnten, verdeutlichte Frau Holtgreve.

 Armand Zorn verwies auf den AI-Act der Europäischen Union, der die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger schützen solle und gleichzeitig Innovation und Technologie fördern. Dieser verpflichte zur Offenlegung der angewendeten KI-Systeme gegenüber den Anwendern und Kunden. Er empfahl auch, nicht auf reine Geschwindigkeit bei der Entwicklung von KI-Technologien zu setzen. In den Vereinigten Staaten würden zwar viele Innovationen geschaffen, aber auch unfassbar viele negative menschliche Folgen sagte er besorgt. „Wir wollen am Ende keine Plattformen die Menschen kaputt zurücklässt! Die Chance Europas liegt darin, KI made in Europe zu machen – unter Berücksichtigung sozialer, ethischer und ökologischer Faktoren“.

Fazit: Eine der gesellschaftlichen Herausforderungen ist es, eine ausgewogene Balance zwischen den Chancen und Risiken der KI zu finden. Dies war das positive Fazit aus der lebhaften Diskussion.

Dieser Herausforderung wird sich auch die SPD stellen, durch geeignete politische Rahmenbedingungen, durch mehr Investitionen in Bildung in Schulen sowie auf allen Ebenen unserer Gesellschaft. Insbesondere bedarf es auch einer Stärkung innerhalb der betrieblichen Mitbestimmung.

Autor: Arno Roth

SPD OV Bornheim „SPD hört hin…“ zusammen mit SPD Ostend und der Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokrat:innen im Gesundheitswesen (ASG)

Besuch der Übernachtungsstätte für obdachlose Menschen im Ostpark (o16) am 06.03.24

17:00 Uhr bis 19:45 Uhr

Teilnehmer:innen:

SPD hört hin: Cavit Ates, Björn Steffen

SPD OV Ostend: Canan Kesebir, Brigitte Born (Sozialvorsteherin Bornheim)

SPD OV Bornheim: (siehe SPD hört hin) und Uli Labonté (Vorsitzender SPD Bornheim und Mitglied des OBR4), Hedi Tschierschke, Davide Zecca

ASG: Stefanie Minkley, Robin Brünn (Vorsitzender ASG), Henry Dill, Björn Steffen

Übernachtungsstätte für Wohnungslose im Ostpark (o16):

Frau Christine Heinrichs (stellvertretende Geschäftsführerin des Frankfurter Vereins für Soziale Heimstätten und Leiterin des Bereichs Hilfe in Sozialen Notlagen)

Herr Paolo Mulé (Mitarbeiter in der Übernachtungsstätte für Obdachlose im Ostpark)

Zunächst informierte Frau Heinrichs über die Geschichte und über die zentralen Arbeitsschwerpunkte des Frankfurter Vereins für Soziale Heimstätten und der Übernachtungsstätte für obdachlose Menschen im Ostpark.

(folgende Info aus dem Internet)

„Der Frankfurter Verein für soziale Heim­stät­ten wurde im Jahr 1910 gegründet. Heute bietet er Hilfen in verschie­denen Hand­lungs­feldern der Sozial­arbeit. Die Palette um­fasst ambu­lante Dienste, teil­sta­tio­näre Ein­rich­tun­gen und Wohn­stätten. Mit diesem Ange­bot richtet sich der Frank­furter Verein vor allem an woh­nungs­lose Mit­bürgerinnen und Mit­bürger, an Per­sonen mit psy­chischen Stö­rungen sowie an Frauen, die sich in Not­situa­tionen befin­den. In seiner Arbeit orien­tiert sich der Verein an der Inte­ressen­lage und den Bedürf­nissen seiner Kun­den.

Der Frank­furter Verein betreibt an rund 50 Stand­orten statio­näre und teil­statio­näre Ein­rich­tungen und ambu­lante Dienste zur Ein­glie­derung oder Ver­sor­gung von psychisch kran­ken und see­lisch behin­derten Men­schen sowie von Per­sonen mit beson­deren sozia­len Schwie­rig­keiten. In den Ein­rich­tungen wer­den etwa 4.500 Plätze vor­gehalten.

Der Frank­furter Verein ist Mit­glied im Deut­schen Pari­tä­tischen Wohl­fahrts­verband.“

Von den aktuell 800 Mitarbeitenden des Vereins arbeiten ca. 300 im Bereich „Hilfe in Sozialen Notlagen“ an verschiedenen Standorten in Frankfurt. Dazu gehören Wohnheime, der Kältebus, das Nachtcafé, das Frauencafé, Wohneinrichtungen für Geflüchtete, drei Frauenhäuser uvm.  Eine dieser Einrichtungen ist die Übernachtungsstätte für obdachlose Menschen im Ostpark.

Zusammen mit anderen sozialen Einrichtungen/Vereinen in Frankfurt erfolgt ein „Monitoring“ aller obdachlos lebenden Menschen in Frankfurt, um Hilfe in Notlagen leisten zu können und besonders während der gefährdenden klimatischen Jahreszeiten das Überleben zu sichern.

Das Konzept „Housing first“ wird von Frau Heinrichs kritisch gesehen, da es oft als alleiniges Mittel zur Überwindung der Obdachlosigkeit angenommen wir. Für viele der Klient:innen des Frankfurter Vereins sei es nicht das Problem, eine Wohnung bekommen zu können, sondern es sei vielmehr für die Menschen eine Überforderung, alleine zu wohnen und selbstständig eine Wohnung zu führen/zu bewirtschaften. Insgesamt sei es das Ziel in kleinen Schritten, Kontakt zu den Menschen aufzubauen, Angebote zu machen, kleine Erfolge zu erreichen und das Leben der Menschen zu verbessern. Nichts erfolge gegen den Willen der Menschen; Ziel ist es Beziehungen aufzubauen – das Leitbild ist „Kompetenz in Beziehungen“. Für viele sei das „alleine in einer Wohnung leben“, kein realistisches und erreichbares Ziel. Für andere Menschen könne aber auch die Wohnungsvermittlung ein Ziel sein. Mit der ABG gibt es eine Kooperation für einige Liegenschaften, in diesen Häusern der ABG gäbe eine niedrigschwellige Betreuung durch den Verein.

Die meisten der Menschen, die in Frankfurt obdachlos sind, seien psychisch erkrankt (>90%). Für diese Menschen sei aber das Label „psychiatrisch erkrankt“ häufig schwer zu ertragen – im Verein seien es deshalb einfach „Menschen in sozialen Notlagen“. Gerade für diese Menschen sei es auch sehr schwer, Rechts- und Sozialansprüche nach den Sozialgesetzbüchern und speziell der Eingliederungshilfe für Behinderte anzunehmen oder durchzusetzen, da sie häufig nicht in der Lage seien – auch mit Hilfe der Sozialarbeit – die bürokratischen Anforderungen die Leistungen zu beantragen und nachzuverfolgen. Die notwendige Selbstauskunft und ärztliche Begutachtung über eigene Defizite sei darüber hinaus für einige überhaupt nicht erreichbar. Wenn die Begutachtungen möglich sind, ist es für die Betroffenen sehr schmerzhaft und schwer zu ertragen. Für die Einrichtung sei es wünschenswert und hilfreich, die Finanzierung nicht über die jetzt individuelle Finanzierung der Einzelpersonen, sondern pauschal als Einrichtung durch den Leistungsträger des überörtlichen Sozialhilfeträgers, des Landeswohlfahrtsverbands zu erhalten.

An dieser Stelle sieht Frau Heinrichs und sehen wir die Möglichkeit zu versuchen, etwas über unsere politischen Kontakte zu bewegen. Frau Heinrichs wird uns die schon vorliegenden Unterlagen und Anträge zuschicken, damit wir damit weiterarbeiten und politische Konzepte vorantreiben können.

Zur Geschichte der Einrichtung im Ostpark/ Übernachtungsstätte für obdachlose Menschen im Ostpark:

Im Jahr 1990 tötete der „Hammermörder“ in Frankfurt in einer Mordserie mehrere Obdachlose. Dadurch wurde der hohe Bedarf an Sicherheit für obdachlose Menschen sichtbar, und es wurden am Allerheiligentor und später im Ostpark Zelte zum Übernachten aufgestellt (getrennt für obdachlose und drogenabhängige Menschen). Das Ziel war schon damals und ist es heute, die Menschen in ihren eigenen Wünschen zu unterstützen und nicht belehrend zu sein.

In den 90er-Jahren kamen dann neben verschiedenen Standorten im Stadtgebiet kleine Holzhäuschen und Container in – oder besser am Rande – der Grünanlage Ostpark dazu, die zuvor durch das Grünflächenamt im Ostpark genutzt wurden, bevor ab 2015 der feste Neubau errichtet wurde. Frau Heinrichs berichtet, dass sie sich vom Ortsbeirat und insbesondere von Hedi Tschierschke in dieser schweren Zeit mit viel Gegenwehr von den Anwohner:innen gut unterstützt gefühlt haben. Den Architekt:innen musste erst erklärt werden, dass es nicht darum ging ein nach außen großzügig offenes Gebäude zu planen, sondern dass die Bewohner:innen abgeschlossene Räume mit Rückzugmöglichkeiten brauchten. Gebaut wurde auf verdichtetem Moorboden und naturnah. Der Standort am Rand des Ostparks war und ist wichtig, damit die Bewohner:innen auch nachts bei Bedarf in den Park gehen können und ggf. laut und intensiv psychischen Druck abbauen können ohne die Nachbarn zu stören („die Gänse nehmen das ohne Klagen hin“). „Der weitläufige Ostpark ist ein Platz, der auch das Anderssein und in nicht stark frequentierten Zeiten nicht-angemessene Reaktionen zulässt“ sagt Frau Heinrichs.

Von den zur Einrichtung gehörenden Container-Wohnheimen in der Ostparkstraße 10 und 14, die in der Pandemie wertvolle Orte für Quarantäne waren, ist aktuell nur noch die Ostparkstraße 10 in Betrieb.

In der Einrichtung arbeiten 50 festangestellte Mitarbeitende (v.a. Soziale Arbeit, Hauswirtschaft). Es wohnen hier bis zu 200 Menschen in Doppel- und Einzelzimmern; davon 70 dauerhaft in Einzelzimmern. Es gibt einen getrennten Frauenbereich. Der Empfang ist durchgehend mit zwei Mitarbeitenden besetzt; keiner/keine, der/die Hilfe sucht, wird abgewiesen; allen wird ein Angebot gemacht, das aber auch in einer anderen Einrichtung sein kann, oder in der Versorgung mit Schlafsack und Isomatte besteht – jeweils das Angebot, das am besten zum hilfesuchenden Menschen passt. Nicht immer sind Plätze in der Einrichtung frei, deshalb muss auch auf andere Möglichkeiten ausgewichen werden. Wichtig ist den Mitarbeitenden der „Verzicht auf jede Demütigung“: jeder/jede in der Einrichtung bekommt einen Schlüsselchip für sein/ihr Zimmer, die Schränke sind abschließbar, Küche und Waschräume für alle nutzbar. So viel Normalität wie möglich ist angestrebt!

Frau Heinrichs berichtet auch über schiefgelaufene Hilfsversuche von Bürger:innen, die ohne Absprache Essen vor dieser Einrichtung oder anderen Einrichtungen verteilen. Dies erlebt Frau Heinrichs häufig als wenig hilfreich, da z.T. unangemessene Lebensmittel verteilt werden und es mit einer Geste von oben herab geschieht – alles Dinge, die die Einrichtung gerade vermeiden will. Der Wunsch: Jede Hilfe für die Menschen in den Einrichtungen möge doch unbedingt abgesprochen und an das Konzept angepasst werden.

Die Mitarbeitenden in der Einrichtung kommen aus einer Vielzahl von Nationen, werden nach Tarif bezahlt und erhalten Hilfe nach Bedarf (Supervision), Fortbildungen zu Deseskalationstraining, Kommunikation und Krisenintervention. Die Einrichtung arbeitet eng mit dem 5. Polizeirevier und dem Schutzmann vor Ort zusammen.

In der Einrichtung befindet sich für die Bewohner:innen ein Drogenkonsumraum und eine medizinische Ambulanz, die ärztlich und pflegerisch gut besetzt ist (somatisch und psychische Betreuung).

Nach 90 Minuten Gespräch, in dem wir viele Fragen stellen konnten, hatten wir die Möglichkeit in kleinen Gruppen mit Herrn Mulé durch die Einrichtung zu gehen und uns Wohnbereiche, Küchen, Waschräume, Empfang, Medizinische Ambulanz, Drogenkonsumraum und Außenbereiche anzuschauen. Herrn Mulé gelang es dabei, dass keine unangenehme „Zooatmosphäre“ entstand, sondern es ein angemessener Besuch mit viel Kommunikation war. Viele von uns waren beeindruckt von der Größe der Einrichtung, von der gelungenen Architektur, den geschaffenen Rückzugsorten, den gepflegten Gemeinschaftseinrichtungen und der angenehmen, ruhigen, entspannten Atmosphäre – zu der Herr Mulé ganz entscheidend beitrug.

Im Anschluss an die Rundgänge ging die Diskussion mit Frau Heinrichs und Herrn Mulé weiter – auch mit vielen Einzelbeispielen von Bewohner:innen, die im Protokoll nicht berichtet werden. Nach fast drei Stunden waren wir fast gezwungen, aktiv ein Ende zu setzen. Die Tatsache, dass wir fast doppelt so lange vor Ort waren, wie eigentlich geplant, zeigt, wie spannend, lehrreich und informativ der Besuch für uns alle war. Aber auch Frau Heinrichs und Herr Mulé betonen, dass sie sich über unser Interesse und unsere Fragen gefreut haben. „Wertschätzend, würdevoll, ruhig, eindrucksvoll, beindruckend“ waren einige der Worte, mit denen wir Teilnehmenden in der Abschlussrunde die Einrichtung beschrieben – beeindruckt waren wir aber auch besonders von Frau Heinrichs und Herrn Mulé und dem Engagement, mit dem sie die Arbeit für Menschen in besonderen sozialen Notlagen hier seit Jahren vorantreiben, wofür wir Ihnen unseren Dank und unseren Respekt aussprachen.

Insgesamt wollen wir mit der Einrichtung und den Menschen im Kontakt bleiben – insbesondere in Bezug auf die Frage, ob es möglich sein könnte, die Finanzierung nicht nur über individuelle Personen-Einzelfinanzierungen, sondern pauschal als Einrichtung über die Leistungsträger, insbesondere dem Landeswohlfahrtsverband zu erhalten.

Für das Protokoll nach einem beeindruckenden Besuch bei beeindruckenden Menschen in einer beeindruckenden Einrichtung,

Björn Steffen

Luxus liegt im Teilen

Expertinnen gaben Einblicke zu genossenschaftlichem und gemeinschaftlichem Wohnen während eines SPD-Erkundungsspaziergangs.

SPD Nordend, Bornheim, Ostend

Erkundungsspaziergang „Genossenschaftliches und gemeinschaftliches Wohnen“

Frankfurt-Ostend. Hell, gut gelegen und vor allem bezahlbar: Wir alle haben unsere Vorstellungen von einer Traumwohnung. Aber wie sieht es eigentlich mit den Nachbarn aus? In Städten ist das oft vom Zufall abhängig – beim gemeinschaftlichen Wohnen allerdings beginnt Nachbarschaft schon vor dem Einzug.

Über solche gemeinschaftlichen und genossenschaftlichen Wohnformen konnten sich Interessierte nun während eines Erkundungsspaziergangs im Frankfurter Ostend informieren. Organisiert wurde die Veranstaltung am 29. September 2023 von den Ortsvereinen der SPD Nordend, Ostend und Bornheim. Mehr als 20 interessierte Bürgerinnen und Bürger haben sich beteiligt. Der Spaziergang führte von Häusern des gemeinschaftlichen Wohnens, neben der Naxoshalle, zu Neubauten der Wohnbaugenossenschaft Frankfurt am Main eG (WBG) in der Nähe der St. Nicolaikirche am Zoo.

„Im schönsten Raum des Hauses wohnt die Gemeinschaft und Luxus liegt im Teilen“, fasste Birgit Kasper die Idee hinter dem gemeinschaftlichen Wohnen zusammen. Sie war eine der Referentinnen des Spaziergangs und leitet sowohl das Netzwerk Frankfurt für Gemeinschaftliches Wohnen sowie die Landesberatungsstelle für Gemeinschaftliches Wohnen in Hessen.

Birgit Kasper erklärte, dass Bewohner:innen ihren privaten Raum im gemeinschaftlichen Wohnen oft reduzieren, sich dafür aber Luxusorte durch ein Teilprinzip ermöglichen können. Beispielsweise stehen dann eine Dachterrasse mit Skylineblick, ein Gästezimmer ein eigenes kleines Fitnessstudio oder eine Sauna für alle zur Verfügung. Aber auch geteilte Dienstleistungen und wechselseitige Unterstützungen sind möglich. Vom Car-Sharing bis zu „Kannst du mir mal was aus der Apotheke mitbringen?“: Es sind viele Formen des Zusammenlebens denkbar und werden realisiert.

Beispiele für gemeinschaftliches Wohnen sind Projekte auf dem Gelände des ehemaligen Naxos Schleifwerks im Ostend. Dort wurden bereits vor rund zehn Jahren insgesamt fünf Häuer mit unterschiedlichen Konzepten gebaut. Zum Beispiel ist eines dieser Genossenschaftshäuser auf familien- und kindgerechtes Wohnen ausgelegt. Neben den neun Wohneinheiten gibt es eine Kita, deren Raum abends und wochenends als Gemeinschaftsraum genutzt werden kann. Außerdem findet sich im Hinterhof genügend Platz für Bobbycars und es darf auch mal laut im Hausflur werden. Der Garten wird gemeinschaftlich gestaltet und genutzt. Zusätzlich sind dort bereits jetzt modulare Einheiten eingebaut, die es ermöglichen, im Alter den Wohnraum zu reduzieren oder bei Bedarf zu vergrößern.

Die Wohnbaugenossenschaft Frankfurt am Main eG hat als Frankfurter Traditionsgenossenschaft rund 700 Wohnungen. Sie engagiert sich auch im Bereich des gemeinschaftlichen Wohnens mit verschiedenen Projekten. Deren hauptamtliche Vorständin, Cora Lehnert, war eine weitere Referentin des Erkundungsspaziergangs. Sie wies darauf hin, dass die Genossenschaften jedoch derzeit einige neue Projektvorhaben pausieren lassen müssen. „Natürlich belasten uns die stark gestiegen Baukosten sehr. Was aber noch schwieriger ist, ist die Unberechenbarkeit der Zinsentwicklung.“ Daher wünscht sich Cora Lehnert unter anderem eine Senkung des Erbbauzinses sowie mehr Förderprogramme für gemeinschaftliches Wohnen. Nur so könnten weitere bezahlbare Projekte entstehen, wie beispielsweise in Kooperation mit eigenständigen Projektgruppen, mit der Kirche oder als Nachverdichtungsprojekt auf den eigenen Flächen der WBG. Diese Förderung sei wichtig, da genossenschaftliches und gemeinschaftliches Wohnen dauerhaft bezahlbaren Wohnraum schaffe und einen entscheidenden Standortvorteil darstellen, indem sie die Quartiere beleben und die Lebensqualität vor Ort erhöhen.

Auch Stella Schulz-Nurtsch, SPD-Stadtverordnete, ist sich dessen bewusst. „In Frankfurt haben wir seit langem eine Wohnungskrise, die insbesondere von einem großen Defizit an bezahlbarem Wohnraum geprägt ist. Um diese Misere zu lösen, benötigen wir den gewerblichen und den sozialen Wohnungsbau sowie eine starke Zivilgesellschaft, die sich in Genossenschaften organisiert. Die beiden letzteren haben bisher allerdings zu wenig Unterstützung erfahren.

Daher brauchen wir neue Ansätze, um solche Wohnformen stärker fördern zu können“, betonte Stella Schulz-Nurtsch. Dass entsprechend des Baulandbeschlusses der Stadt Frankfurt nach der Entwicklung neuer Wohnbaulandflächen 30 Prozent für sozialen Wohnungsbau und zusätzliche 15 Prozent nach dem Konzeptverfahren für genossenschaftliches und gemeinschaftliches Wohnen vergeben werden sollen,

seien wichtige Schritte in die richtige Richtung. Diese Quote könnte noch erhöht werden. Birgit Kasper ergänzte zum Abschluss, dass der am Gemeinwohl orientierte Wohnungsbau einer besonderen Förderung bedarf.

Es konnten Beispiele einer gelungenen Praxis von genossenschaftlichem und gemeinschaftlichem Wohnen erkundet werden. Herausforderungen einer nachhaltigen und zukunftsorientierten Wohnungspolitik sind deutlich geworden.

Vielen Dank allen Beteiligten für die gemeinsame Erkundung und die guten Gespräche!

Hans Herzer, Arno Roth, Louisa Wehlitz (Redaktion)

Hier ist eine ausführliche Schlussfolgerung zum Nachlesen:

https://www.spd-frankfurt.de/fileadmin/Dokumente/Schlussfolgerung_GenossenschaftlichesWohnen.pdf

Öffentliche Feier zur Rückkehr des Heine-Denkmals in die Friedberger Anlage

Die Initiative 9. November lädt zu einer öffentlichen Feier am 20. September ab 14:00 Uhr anlässlich der offiziellen Eröffnung der neu gestalteten Friedberger Anlage und der Umsetzung des Heinrich-Heine-Denkmals in die Friedberger Anlage ein. An diesem Tag kehrt das Heinrich-Heine-Denkmal in die Nähe seines ursprünglichen Standortes zurück. Sein neuer / alter Platz wird in der Friedberger Anlage schräg gegenüber dem Hochbunker sein, der 1942 von französischen Zwangsarbeitern auf dem Grund der am 9. November 1938 von den Nationalsozialisten zerstörten Synagoge der Israelitischen Religionsgesellschaft gebaut wurde.

Die beiden Tänzerfiguren wurden 1933 durch einen rechten Mob vom Sockel gerissen, der Sockel mit dem Relief Heines zerstört. Der damalige Direktor der Städtischen Galerie rettete die Figuren heimlich in der Nacht und stellte sie dann unter dem Titel „Frühlingserwachen“ im Garten des Museums aus. 1947 wurde das Denkmal erneut öffentlich platziert, diesmal mit neuem Sockel und neuem Porträtrelief, das nicht nur wie zu Anfang „dem Dichter“, sondern dem ganzen Wirken Heinrich Heines gewidmet war. Allerdings an einem unscheinbaren Ort in der Taunusanlage – weit weg vom stark jüdisch geprägten Frankfurter Ostend. Die Initiative 9. November hat sich seit Jahren für die Rückkehr des Denkmals an seinen alten Platz engagiert und sieht sich nun am Ziel. Aus diesem Grund lädt sie dazu ein, die Heimkehr des Heine-Denkmals in die Friedberger Anlage zu feiern, wozu auch die Stadträtinnen Dr. Ina Hartwig und Rosemarie Heilig anwesend sein werden. Mitwirkende bei der Feier sind der Heinrich-Heine-Chor mit Liedern nach Texten von Heine und ein Ensemble des Theaters Willy Praml mit Szenen aus seinem Heine-Projekt „Der Rabbi von Bacharach“. Der Frankfurter Stadthistoriker Björn Wissenbach wird über die Geschichte des Heine-Denkmals sprechen. Alle interessierten Bürgerinnen und Bürger sind herzlich zur Feier und Teilnahme eingeladen.